Kultur Teil Zeit

Raum und Zeit für Kultur und Begegnung, dazu wurde bereits an einigen Abenden eingeladen - vor dem Corona Lockdown. Dass dieser Einladung viele folgten, lag sicher einerseits an den interessanten Themen und Menschen, die diese Abende prägten: das Kabarett der Weihnachtsmänner, Diskussionen über das Engagement junger Menschen in der Kirche, ein Podium u.a. mit Rosi Gollmann, Franz Alt und Pia Klemp, eine Abend über Sterbehilfe, jeweils umrahmt von Musik.

Andererseits fand die Idee, eine Stunde vor Beginn des Programms schon zum Kennenlernen, Wiedersehen, einfach miteinander ins Gespräch kommen, großen Anklang. Im Vorraum unserer Dornbuschkirche drängten sich Besucherinnen und Besucher, angeregte Gespräche sorgten für eine lebhafte Geräuschkulisse. Auch nach dem Programm wurde das Angebot, noch zu bleiben, von vielen genutzt.

Ankommen – Kennenlernen
Eine Stunde vor Beginn, jeweils ab 18:30 Uhr laden wir ein, ins Gespräch zu kommen, sich kennenzulernen oder wiederzusehen.

Hören – Sehen – Nachdenken
Ein etwa 60minütiges Programm erwartet die Zuhörerinnen und Zuhörer. Wir bieten Konzerte, Kabarett, Lesungen, Vorträge, Diskussionen und anderes, immer mit Musik, zu einem wichtigen Thema aus unserem Leben.

Nachklingen lassen – Dikutieren
Nach dem Programm sind alle eingeladen, über das Gehörte bei einem Glas Wein oder Wasser ins Gespräch zu kommen.

Mit dem Reinerlös wird das Projekt „Zukunftschancen für Frauen und Mädchen in Nordindien“ der Andheri-Hilfe unterstützt.

2023:

17. März: Meine Energiewende

Karin Freist-Wissing und Tono Wissing

Ein energiegeladener Abend - Bericht vom 17. März 2023

Mit gut sechzig interessierten Zuhörerinnen und Zuhörern war die KulturTeilZeit am 17. März in der Dornbuschkirche gut besucht. Karin Freist-Wissing, Tono Wissing und die Mitglieder der Klima AG der Kirchengemeinde hatten zum Thema „Meine Energiewende – Global denken, lokal handeln“ eingeladen. Voller Energie und mit perlender Leichtigkeit begann der Abend mit einer Interpretation des Beatles-Klassiker „And I love her“ mit Anne Wissing am Klavier. Sie und die Jazz-Geigerin Katharina Koch mit samtweichem Bogenstrich begeisterten die Anwesenden im Verlauf des Abends mit weiteren Bearbeitungen von Brad Mehldau, Chris Thile und Tom Misch. Nach der beglückenden Interpretation von Dylans „Don’t think twice“ durfte daher eine Zugabe nicht fehlen.

Nachdenklicher wurde es anschließend durch die Erinnerung an die Katastrophe im Ahrtal: Sabine Meyer-Nitschke, Ulrich Nitschke und Pfarrer Richard Landsberg erinnerten mit einem Psalm von Diakon Stephan Wahl aus dem Ahrtal an die zerstörerische Kraft des Hochwassers. Als Folge des weltweiten Klimawandels - Ulrich Nitschke verwendete zutreffend den Begriff der „Klimagerechtigkeit“ - treffen diese und andere Naturkatastrophen vor allem und besonders solche Länder – wie bspw. Pakistan und Bangladesh -, die an der Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen am wenigsten beteiligt sind. Wie schwer es fällt, im Angesicht dieser Entwicklungen fest und hoffnungsvoll an einen gütigen und verzeihenden Gott zu glauben, machte der Psalm eindringlich deutlich. Und vielen der Zuhörerinnen und Zuhörer werden dabei die Bilder der Kriege in der Ukraine und in Syrien ebenfalls vor Augen gestanden haben.

Zentrales inhaltliches Thema des Abends war die Frage, welche Möglichkeiten jede und jeder von uns hat, der fortwährenden Zerstörung unseres Planeten etwas entgegenzusetzen. Ein paar Zahlen dazu können hilfreich sein: So findet nach Zahlen des Global Footprint Network der sogenannte „Erdüberlastungstag“ immer früher statt. Weltweit fiel dieser Tag in 2022 auf den 28. Juli. Dieser Tag „markiert das Datum, an dem die Menschheit alle biologischen Ressourcen verbraucht hat, die die Erde im Laufe eines Jahres regeneriert“. Deutschland hatte dabei den ihm nach seiner Bevölkerungszahl zustehenden „Anteil“ – wie auch China - bereits im Mai verbraucht, Kanada, die VAE und die USA bereits im März, viele Länder des Südens dagegen erst im letzten Viertel des Jahres. Der weltweite Verbrauch von CO² lag in 2021 bei 4,5 Tonnen pro Kopf, in Deutschland nach Zahlen des Umweltbundesamtes für 2022 mit 10,78 Tonnen bei knapp dem zweieinhalbfachen. Jede US-Bürgerin und jeder US-Bürger verbrauchten schon in 2020 etwa 16 Tonnen. Die Zahlen für einzelne Länder und Regionen variieren in den verschiedenen Studien leicht, klar ist nur eins: Es wird nicht weniger. Diese düstere Prognose wurde zuletzt auch im neuesten Bericht des Weltklimarates IPCC deutlich (Quellen: EarthforAll – Nachfolgebericht des Club of Rome, 2022, Umweltbundesamt, SZ vom 19./20. November 2022, WWF, Global Footprint Network).

Um den Möglichkeiten einer Verringerung des ökologischen Fußabdrucks im privaten Bereich ein wenig näher zu kommen, hatte die Klima-AG Lars Klitzke als Vertreter der Bonner Energie Agentur zu einem Vortrag eingeladen. Und der hatte es denn auch in sich. Es steht zu vermuten, dass die Anwesenden ein erhebliches Maß an Energie und Spannung aufbringen mussten, um der knapp 75-minütigen Tour d’horizon zu folgen, die Klitzke in seinem Vortrag kenntnisreich und umweltverträglich von Italien gen Holzlar schickte. Es ist dem Verfasser daher auch nicht möglich, die gefühlt 150 Folien, Diagramme und Statistiken auch nur annähernd vollständig wiederzugeben. Mit Blick auf die derzeit diskutierte Sonderregelung für E-Fuels blieb bspw. sehr deutlich im Gedächtnis, dass diese von einigen Politikerinnen und Politikern favorisierte Bestandsgarantie für den Verbrenner nicht nur viel zu teuer sein wird, sondern nur im geringen Ausmaß in der Lage sein kann, die Vielzahl von PKW mit Energie zu versorgen. Ein weiteres Highlight: Im Vergleich zu den in Zukunft benötigten Strommengen sind die regenerativen Energien gleich mehrfach in der Lage, diese dauerhaft zu liefern. Sonne, Wind und Wasser stellt die Natur zudem kostenlos bereit, auch der Herausforderung der notwendigen Bereitstellung von Speicherkapazität – bspw. für PV-Anlagen auf dem Dach, an Hausfassaden und in Solarparks – rückt die technische Entwicklung kontinuierlich näher. Ein Einwand wurde hier in der anschließenden Diskussion in der Arbeitsgruppe „Solarstrom“ deutlich: Es hapert derzeit vor allem daran, Solaranlagen im privaten Bereich „auf das Dach“ zu bekommen. Handwerkerinnen und Handwerker sind rar. Und: Auch die Module und Speichereinheiten seien derzeit nur schwer zu bekommen. O-Ton eines Teilnehmers: „Man hat mitunter den Eindruck, dass sämtliche Teile für die Solaranlagen entweder aus China importiert werden müssen oder nach wie vor im Suez-Kanal festliegen.“ Sicher nicht ganz ernst gemeint, aber im Zusammenspiel mit dem Nachwuchsmangel in den handwerklichen Berufen vermutlich ein Grund dafür, dass nach wie vor nur wenige Dächer in der Region mit Solarpanels versehen sind.

Alternative Gewinnung von Energie durch regenerative Energieträger auf der einen, Reduzierung des Energieverbrauchs auf der anderen Seite: Große Einsparpotenzial im Wohnungsbau, so Lars Klitzke, seien insbesondere bei der Reduzierung durch moderne Dämmmaterialen in großem Umfang möglich. Aber auch diese technisch relativ einfachen Verbesserungen sind aufgrund des Fachkräftemangel und von Lieferengpässen nicht unbedingt Selbstläufer. Darüber waren sich auch die Mitglieder der zweiten Arbeitsgruppe, die sich mit dem Thema „energetische Sanierung“ beschäftigten, weitgehend einig.

Auch der Einbau von Wärmepumpen, der bei der Neuinstallation von Heizungen in 2021 immerhin bereits über 16% betrug, ist trotz des für den Betrieb benötigten Stroms gut geeignet, den Verbrauch von fossilen Energieträgern – also Kohle, Gas und Öl - deutlich zu reduzieren. Eine Kombination von Solaranlage und Wärmepumpe kann hierbei natürlich für den Verbrauch von „sauberem“ Strom sorgen. Allerdings gilt auch hier: Die Wartelisten der Handwerksbetriebe sind lang, nicht selten warten interessierte Bauherrinnen und -herren monatelang auf die Lieferung der gewünschten Geräte, wie in der dritten Arbeitsgruppe zum Thema „Wärmepumpe“ deutlich wurde.

Zwei weitere interessante Aspekte steuerte Lars Klitzke in seinem Vortrag bei: Die Idee des gemeinsamen Gebrauchs von Alltagsgegenständen ist sicherlich nicht neu. Eine kontinuierliche Weiterentwicklung über den Gedanken des Car-Sharings hinaus könnte aber sicherlich zu einer Reduzierung des Verbrauchs von Ressourcen beitragen. Ob das von Klitzke genannte Beispiel der Bohrmaschine das genau richtig ist, sei dahingestellt. Aber es stellt sich schon die Frage, ab das nachbarschaftliche Teilen der Heckenschere, des Hochdruckreinigers und der Leiter für den Apfelbaum nicht erhebliches Einsparpotential birgt. Und auch der Gedanke der Wiederverwertung von Gebrauchsmaterialien hat zweifellos einiges für sich, ob sie sich auf die Renovierung alter Häuser, der neuen Polsterung von Sessel und Sofa oder der stärkeren Nutzung von Repair-Cafes bezieht.

Zweifellos: Das war ein interessanter und informativer Abend, der vielleicht mit Blick auf Fragen zum Zweit-Auto, zum ÖPNV, zur Reduzierung privater Flugreisen, zum Fleischverzehr, zur Nutzung des (E-)Bikes für kurze Strecken und vielem mehr fortgesetzt werden könnte.

Paul Schlüter